A neural network for tics: insights from causal brain lesions and deep brain stimulation.




Ganos C*, Al-Fatly B*, Fischer JF, Baldermann JC, Hennen C, Visser-Vandewalle V, Neudorfer C, Martino D, Li J, Bouwens T, Ackermanns L, Leentjens AFG, Pyatigorskaya N, Worbe Y, Fox MD, Kühn AA**, Horn A**.
Brain. 2022 Jan 13:awac009. doi: 10.1093/brain/awac009. Online ahead of print.
PMID: 35026844
*equal contribution ** equal contribution
Das Tourette-Syndrom (TS) ist eine facettenreiche neuropsychiatrische Störung, dessen Pathophysiologie noch nicht komplett verstanden ist. Das definierende Merkmal der TS sind Tics, kurze Bewegungen oder Geräusche, die physiologischen Verhaltensmustern ähneln, jedoch repetitiv und irregulär ohne ersichtlichen Bezug zur aktuellen Situation auftreten.
In dieser Arbeit haben wir erstmals zwei Methoden angewendet, die erlauben, Netzwerke im zentralen Nervensystem zu identifizieren, die kausal für die Entstehung von Tics verantwortlich sind. Im ersten Schritt haben wir, basierend auf einem systematischen Review der gesamten medizinischen Literatur, seltene Fälle ermittelt, bei denen die Patient:innen nach einer Hirnläsion eine Tic-Störung entwickelten. Die jeweiligen Läsionen haben wir anatomisch lokalisiert und dann anhand funktioneller Konnektivitätsanalysen und mit Hilfe eines „normativen funktionellen Konnektoms“ individuelle Konnektivitätsprofile erstellt („Lesion Network Mapping“). Wir konnten damit zeigen, dass nahezu alle dieser Läsionen Komponenten eines gemeinsamen Netzwerks waren, welches Teile der Insula und des Cingulums, der Basalganglien, sowie des Thalamus und des Kleinhirns beinhaltete. Im Anschluss verglichen wir das Konnektivitätsmuster der Tic-auslösenden Läsionen mit solchen von anderen 717 Läsionen aus dem Harvard Lesion Repository, die ursächlich für weitere neuropsychiatrische Störungen waren. Dabei zeigte sich, dass vor allem das anteriore Striatum eine spezifische Bedeutung für die Entstehung von Tic-Störungen hat.
Um die pathophysiologische und therapeutische Relevanz des von uns identifizierten Netzwerks auch bei primären Tic-Störungen wie dem TS zu überprüfen, analysierten wir in einem zweiten Schritt Daten von 30 Patient:innen mit schwerem TS, die mittels einer Tiefen Hirnstimulation behandelt wurden. Wir verglichen hier die individuellen Konnektivitätsprofile aus den jeweiligen Elektrodenlokalisationen und Stimulationsparametern mit dem im ersten Schritt identifizierten läsionellen Tic-Netzwerk im Hinblick auf das klinische Outcome der Tiefen Hirnstimulation („Deep Brain Stimulation Network Mapping“). Tatsächlich konnten wir zeigen, dass bei den Patient:innen mit TS eine stärkere funktionelle Konnektivität in den Regionen des läsionellen Tic-Netzwerks mit einem besseren klinischen Outcome assoziiert war.
Insgesamt erlauben uns diese Daten zum ersten Mal ein Hirnnetzwerk zu identifizieren, das eine entscheidende kausale Rolle in der Entstehung von Tics spielt. Dies kann in Zukunft als gezieltes therapeutisches Target für neuromodulatorische Methoden angewendet werden, um die Lebensqualität der Patient:innen mit TS weiter verbessern zu können.
PD Dr. med. Christos Ganos ist Oberarzt an der Klinik für Neurologie am Campus Charité Mitte und Gruppenleiter in der Sektion für Bewegungsstörungen und Neuromodulation.
Bassam Al-Fatly ist MD/PhD-Student und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation.
Prof. Dr. med. Andrea Kühn ist Leiterin der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation an der Klinik für Neurologie der Charité.
Dr. med. Anreas Horn, PhD ist Gruppenleiter in der Sektion für Bewegungsstörungen und Neuromodulation der Klinik für Neurologie der Charité. Zusätzlich forscht er an zwei Lehrkrankenhäusern der Harvard Medical School in Boston.
Die Veröffentlichung des Monats wird jeden Monat von den Direktoren des CSB aus den Veröffentlichungen des CSB und der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie der Charité ausgewählt.
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