Noninvasive neuromagnetic single-trial analysis of human neocortical population spikes



Waterstraat G, Körber R, Storm JH, Curio G.
Proc Natl Acad Sci U S A. 2021 Mar 16;118(11):e2017401118. doi: 10.1073/pnas.2017401118.
PMID: 33707209
Versucht man herauszufinden, welche Fehlfunktionen im Gehirn etwa bei Parkinson- oder Epilepsie-Patienten vorliegen, so braucht man für Messungen der schnellen Ausgangssignale von Neuronen („Aktionspotentiale“) bislang invasive Methoden: scharfe Mikroelektroden, die direkt in die Hirnrinde eingestochen werden. In Zukunft könnten solche Messungen auch durch nicht-invasive Zugänge unterstützt werden.
MEG und EEG (Magneto- bzw. Elektroenzephalografie) messen an der Kopfoberfläche die elektromagnetischen Felder, die durch Nervenzellaktivitäten in der oberflächlich gelegenen Hirnrinde erzeugt werden, und dies mit einer Zeitauflösung im Submillisekundenbereich. Dies ermöglicht eine unmittelbare funktionelle Messung der Informationsweitergabe zwischen kortikalen Nervenzellen.
Diese nicht-invasive Messung hat jedoch einen Preis: Standard-EEG und -MEG können die die schnellen Ausgabesignale von Nervenzellen –Aktionspotentiale mit einer Dauer von nur 1 ms – nicht verlässlich registrieren. Vielmehr repräsentieren EEG und MEG vorrangig langsamere Eingangspotentiale, die an den Schnittstellen (Synapsen) zwischen Nervenzellen generiert werden. Die Messung von Aktionspotentialen erfordert hingegen üblicherweise das Einstechen von Mikroelektroden direkt in die Hirnrinde.
Ein interdisziplinäres Forscherteam von Charité - Universitätsmedizin Berlin und Physikalisch-Technischer Bundesanstalt (PTB) konnte nun erstmals nachweisen, dass mittels rauscharmer Magnetoenzephalografie eine nicht-invasive Einzelreizanalyse synchronisierter Aktionspotentiale kleiner Ensembles kortikaler Neurone möglich ist. Basis dieses experimentellen Ansatzes ist die Entwicklung eines ultrasensitiven MEGs durch PTB-Wissenschaftler: Mit einem Eigenrauschen von nur 180 erreicht dieses System eine Sensitivität annähernd im Bereich des thermischen Rauschens des menschlichen Körpers. Basierend auf dieser Sensitivität konnten gemeinsame Untersuchungen mit Neurologen der Charité erstmals nicht-invasiv die zeitliche Dynamik repetitiver kortikaler Summenaktionspotentiale detektieren, die durch elektrische Nervenstimulation am Handgelenk ausgelöst wurden. Zeit- und Frequenz-aufgelöste Analysen zeigten dabei eine Unabhängigkeit der Variabilität aufeinanderfolgender Summenaktionspotentiale von gleichzeitiger niederfrequenter MEG-Aktivität.
Die ultrasensitive Magnetoenzephalografie kann daher perspektivisch einen Beitrag zur Analyse auch pathologischer Hochfrequenz-Oszillationen leisten, wie sie bei Epilepsien und Bewegungsstörungen (bspw. der Parkinson-Erkrankung) beschrieben sind, und ermöglicht dabei eine umfassende nicht-invasive Analyse neuronaler Input- und Output-Aktivität in der Hirnrinde des Menschen.
Dr. med. Gunnar Waterstraat ist Facharzt für Neurologie an der Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie der Charité am Campus Benjamin Franklin. Schwerpunkt seiner Forschungsarbeit ist Optimierung nicht-invasiver elektrophysiologischer Untersuchungsmethoden.
Dr. Rainer Körber ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und leitet die Arbeitsgruppe MR Bildgebung im Niedrigfeld.
Prof. Dr. med. Gabriel Curio ist leitender Oberarzt der Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie der Charité am Campus Benjamin Franklin und leitet die AG Neurophysik. Forschungsschwerpunkte sind die Erweiterung des Methodenspektrums nicht-invasiver Neurophysiologie, Brain-Computer Interfaces sowie elektrophysiologische Untersuchungen kognitiver Prozesse.
Die Veröffentlichung des Monats wird jeden Monat von den Direktoren des CSB aus den Veröffentlichungen des CSB und der Klinik für Neurologie der Charité ausgewählt.
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