Distinguishing functional from primary tics: a study of expert video assessments.


Rigas A, Mainka T, Pringsheim T, Münchau A, Malaty I, Worbe Y, Cavanna AE, Lees AJ, Lang AE, Martino D, Ganos C.
J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2023 May 11:jnnp-2022-330822. doi: 10.1136/jnnp-2022-330822. Online ahead of print.
PMID: 37169545
Tic-Störungen gehören zu den häufigsten hyperkinetischen Bewegungsstörungen im Kindes- und Jugendalter. Meist treten sie im Rahmen von primären Tic-Störungen wie dem Tourette-Syndrom auf, jedoch existiert ein breites Spektrum an Differentialdiagnosen wie beispielsweise Tics funktioneller Genese. In den letzten Jahren, insbesondere während der COVID-19-Pandemie und multipliziert über Social Media, kam es zu einem hohen Aufkommen von Fällen mit für primäre Tic-Störungen atypischen Charakteristika. Aufgrund phänomenologischer Überschneidungen zwischen funktionellen und primären Tics kann die klinische Unterscheidung in manchen Fällen schwierig sein und basiert eher auf Expertenkonsensus als auf etablierten diagnostischen Markern. Die korrekte Diagnose ist jedoch Grundvoraussetzung für die Auswahl der richtigen Therapie. Es werden daher dringend diagnostische Hilfen benötigt, um primäre und funktionelle Tic-Störungen unterscheiden zu können.
In dieser Studie wurde daher der Grad der diagnostischen Übereinstimmung von 8 Expert:innen für Bewegungsstörungen aus Europa, USA und Kanada untersucht und diagnostische Kennzeichen der Syndrome herausgearbeitet. Zunächst wurde nur Videomaterial von Patient:innen mit Tourette-Syndrom, funktionellen Tics oder Tourette-Syndrom überlagert von funktionellen Tics präsentiert. Im zweiten Teil wurden weitere klinische Informationen ergänzt, welche die Diagnosefindung über die phänomenologische Einordnung hinaus ermöglichen sollten. Untersucht wurde in beiden Teilen die diagnostische Übereinstimmung der Expert:innen und die zur Diagnose führenden Faktoren für die jeweiligen Studienteile. Die ursprünglichen Diagnosen der präsentierten Videos wurden nicht in den Analysen berücksichtigt.
Nach der Sichtung der Patient:innenvideos und somit alleiniger phänomenologischer Beurteilung war die Übereinstimmung der Expert:innen lediglich mäßig (Fleiss kappa für primäre Tics κ = .24, für funktionelle Tics κ = .26). Durch zusätzliche klinische Informationen konnte die diagnostische Übereinstimmung auf moderate Werte verbessert werden (primäre Tics κ = .57, funktionelle Tics κ = .6). Die wichtigsten Faktoren zur Differenzierung der Diagnose waren beispielsweise die Semiologie der Tics, das Alter zu Beginn der Tic-Störung, das Vorhandensein eines Dranggefühl vor den Tics, die Unterdrückbarkeit der Tics, sowie die zeitliche Dynamik der Symptomentwicklung.
Diese Studie bestätigte, dass die alleinige phänomenologische Differenzierung zwischen primären und funktionellen Tics selbst für Bewegungsstörungsexpert:innen oft schwierig bis unmöglich ist. Sie bietet erstmals eine diagnostische Hilfe für die Unterscheidung dieser Syndrome, um eine zügige Diagnose und Einleitung einer passenden Therapie für die Betroffenen zu ermöglichen.
Antigony Rigas ist Doktorandin in der Sektion für Bewegungsstörungen und Neuromodulation an der Klinik für Neurologie der Charité und Assistenzärztin für Neurologie im Vivantes Klinikum Spandau.
PD Dr. med. Christos Ganos ist Oberarzt der Klinik für Neurologie der Charité am Campus Charité Mitte und Gruppenleiter in der Sektion für Bewegungsstörungen und Neuromodulation unter Leitung von Prof. Andrea Kühn.
Die Veröffentlichung des Monats wird jeden Monat von den Direktoren des CSB aus den Veröffentlichungen des CSB und der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie der Charité ausgewählt.
Downloads
POM 2023 05.pdf123 KB
Links
Kontakt
Ansprechpartnerin Berliner Schlaganfall-Allianz (BSA e.V.); CSB GeschäftsführungCharité - Universitätsmedizin Berlin
- Links:
Geschäftsstelle Berliner Schlaganfall-Allianz e.V.
Charité – Universitätsmedizin Berlin,
CSB Centrum für Schlaganfallforschung Berlin,
Charitéplatz 1,
10117 Berlin
Tel. +49 30 450 560 600
Fax +49 30 450 560 960
servicepunkt(at)schlaganfall-allianz.de
Postadresse:Charitéplatz 110117 Berlin
Campus- bzw. interne Geländeadresse:Invalidenstraße 80, Ebene 05
Zurück zur Übersicht