Association Between Neuronal Autoantibodies and Cognitive Impairment in Patients With Lung Cancer.



Bartels F, Wandrey MM, Aigner A, Strönisch T, Farmer K, Rentzsch K, Tessmer A, Grohé C, Finke C.
JAMA Oncol. 2021 Jul 1. doi: 10.1001/jamaoncol.2021.2049. Online ahead of print.
PMID: 34196651
Paraneoplastische Neurologische Syndrome (PNS) sind immun-vermittelte Erkrankungen des Nervensystems, die im Rahmen einer Tumorerkrankung auftreten und mit neuronalen Autoantikörpern assoziiert sein können. Der häufigste zugrundeliegende Tumor eines PNS ist das Lungenkarzinom.
In einer vorherigen retrospektiven Arbeit fanden wir eine hohe Frequenz neuronaler Autoantikörper bei Patienten mit verschiedenen Tumorerkrankungen und konnten zeigen, dass diese Antikörper mit kognitiven Einschränkungen assoziiert sind. Tatsächlich stellen kognitive Einschränkungen im Rahmen einer Tumorerkrankung (cancer-related cognitive impairment: CRCI) eine zunehmend relevante Komplikation bei Tumorpatienten dar, u.a. aufgrund des verbesserten Langzeitüberlebens bei vielen Tumorerkrankungen. Die kognitiven Defizite können dabei unabhängig - und bereits vor Beginn - einer Tumortherapie (z. B. Chemotherapie, Bestrahlung, etc.) auftreten - die zugrundeliegenden Mechanismen sind jedoch weitgehend unklar.
In der aktuellen Studie haben wir den Zusammenhang zwischen neuronalen Autoantikörpern und kognitiven Defiziten bei Patienten mit Lungenkarzinom untersucht. In Kooperation mit der Evangelischen Lungenklinik Berlin wurden prospektiv 167 Patienten mit kleinzelligem und nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom eingeschlossen. Es erfolgten (i) eine Analyse des Serums auf neuronale Autoantikörper; (ii) eine umfangreiche neuropsychologische Testung für alle kognitiven Domänen und (iii) eine ausführliche neurologische Untersuchung.
Bei mehr als einem Drittel der Patienten (37%) wurden neuronale Autoantiköper nachgewiesen. Diese waren gegen Oberflächenantigene (11%) und intrazelluläre neuronale Antigene (10%) gerichtet. Kognitive Defizite, definiert nach den internationalen CRCI-Kriterien, fanden sich bei 67%. Patienten mit neuronalen Autoantikörpern wiesen ein deutlich erhöhtes Risiko für kognitive Defizite auf (11-fach erhöht bei Patienten mit kleinzelligem Lungenkarzinom). Interessanterweise fanden sich bei 17% der Patienten Autoantikörper gegen bisher noch unbekannte neuronale Antigene, die jedoch ebenfalls mit kognitiven Defiziten assoziiert waren.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass neuronale Autoantikörper bei Patienten mit Lungenkarzinom mit kognitiven Defiziten assoziiert sind. Sie stellen somit einen möglichen pathogenen Faktor in der Entstehung Tumor-assoziierter kognitiver Defizite dar. Ein solcher immunvermittelter Mechanismus kognitiver Defizite eröffnet zudem mögliche neuen Therapieoptionen. Gleichzeitig erfordert der zunehmend erfolgreiche Einsatz von Tumor-Immuntherapien (z. B. Immuncheckpoint-Inhibitoren) ein besseres Verständnis des komplexen Zusammenspiels zwischen Immunsystem, Tumorpathologie und paraneoplastischen neurologischen Syndromen.
Dr. med. Frederik Bartels ist Assistenzarzt der Klinik für Neurologie und wird vom Clinician Scientist Programm des Berlin Institute of Health (BIH) gefördert.
Mona Wandrey ist Doktorandin in der Arbeitsgruppe „Kognitive Störungen bei neurologischen Erkrankungen“ an der Klinik für Neurologie. Sie ist zudem an den ethischen Implikationen der kognitiven Neurowissenschaften interessiert und hat nach dem Abschluss ihres Medizinstudiums ein Masterstudium in Cambridge zu diesem Thema aufgenommen.
Prof. Dr. med. Carsten Finke ist Oberarzt der Klinik für Neurologie der Charité und Heisenberg-Professor für Kognitive Neurologie. Er leitet die Arbeitsgruppe „Kognitive Störungen bei neurologischen Erkrankungen“.
Die Veröffentlichung des Monats wird jeden Monat von den Direktoren des CSB aus den Veröffentlichungen des CSB und der Klinik für Neurologie der Charité ausgewählt.
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