Vaccine-Induced Thrombocytopenia with Severe Headache.




Salih F, Schönborn L, Kohler S, Franke C, Möckel M, Dörner T, Bauknecht HC, Pille C, Graw JA, Alonso A, Pelz J, Schneider H, Bayas A, Christ M, Kuramatsu JB, Thiele T, Greinacher A, Endres M.
N Engl J Med. 2021 Sep 15. doi: 10.1056/NEJMc2112974. Online ahead of print.
PMID: 34525282
Im Frühjahr 2021 wurden aus Europa und den USA mehrere Fälle schwerer Sinus- und Hirnvenenthrombosen (SHVT) nach vektorbasierten COVID-19 Impfungen (Vaxzevria ®, AstraZeneca) und (Janssen®, Johnson & Johnson) gemeldet. Als Ursache dieser Vakzin-induzierten thrombotischen Thrombozytopenie (VITT) konnten Plättchen-aktivierende Antikörper (sog. Plättchenfaktor 4-/Heparin-IgG-Antikörper) identifiziert werden. Die leitliniengerechte Therapie erfolgt mit therapeutischer Antikoagulation, i. v.-Immunglobulinen (IVIG) und ggf. Kortikosteroiden.
Anhand einer nun im NEJM publizierten Fallserie (n=11; Alter 23-74 Jahre; Frauen n=9) unter Beteiligung von fünf IGNITE-Zentren (Initiative of German Neuro-Intensive Trial Engagement: Berlin, Leipzig, Mannheim, Augsburg, Erlangen) und der AG um Prof. Greinacher (Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin, Universitätsmedizin Greifswald) ist es uns gelungen, ein Vorstadium der VITT („Prä-VITT Syndrom“) zu charakterisieren. Aus dieser Arbeit eröffnet sich nun die Möglichkeit, ein drohendes VITT frühzeitig zu erkennen und schwere Verläufe inklusive SHVT zu verhindern
Alle elf Patientinnen und Patienten stellten sich 5-18 Tage nach COVID-19 Impfung mit Vaxzevria® (AstraZeneca) mit starken Kopfschmerzen in der Notaufnahme vor. Alle Patientinnen und Patienten erfüllten die Laborkriterien einer VITT mit Thrombozytopenie, hohen D-Dimeren und im Verlauf nachgewiesenen hohen PF4-/Heparin-IgG-Antikörperspiegeln. Allerdings war bei keinem der Patientinnen und Patienten während der Erstvorstellung eine SHVT nachweisbar. Von den sieben Patientinnen und Patienten, die früh (d.h. <5d nach Kopfschmerzbeginn) mit einer VITT-spezifischen Therapie (therapeutische Antikoagulation, IVIGs und/oder Kortikosteroiden) behandelt wurden, entwickelte auch im weiteren Verlauf keiner eine thrombotische Komplikation. Bei den vier übrigen Patientinnen und Patienten erfolgte erst verzögert, d.h. 6-9d nach Kopfschmerzbeginn eine Therapieinitiierung mittels therapeutischer Antikoagulation. Drei dieser Pat. entwickelten schwere intrakranielle Blutungen, in zwei Fällen mit Nachweis einer ausgedehnten SHVT; zwei Pat. entwickelten Lungenarterienembolien.
Aufgrund der erstmaligen Beschreibung eines Prä-VITT-Syndroms können drohende schwere Impfkomplikationen frühzeitig entdeckt und potentiell verhindert werden. Stellen sich Pat. 5-30d nach vektorbasierter COVID-19 Impfung aufgrund von Kopfschmerzen in Kombination mit einer Thrombozytopenie und hohen D-Dimeren vor, sollten umgehend eine PF4/Heparin-IgG-Antikörpertestung und eine frühzeitige VITT-spezifische Therapie in die Wege geleitet werden.
Dr. med. Farid Salih ist Oberarzt der Intensivstation 14i an der Klinik für Neurologie am Campus Virchow-Klinikum, forscht in der AG Akut- und Intensivneurologie und ist Mitglied im IGNITE-Netzwerk.
PD Dr. med. Siegfried Kohler war Oberarzt auf der Interdisziplinären NeuroIntensivstation 102i an der Klinik für Neurologie am Charité Campus Mitte und ist seit Oktober 2021 Gastwissenschaftler am CSB.
Dr. med. Christiana Franke ist Oberärztin an der Klinik für Neurologie am Charité Campus Benjamin Franklin und leitet die neurologische Post-COVID-19 Sprechstunde. Ihr wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen.
Prof. Dr. med. Matthias Endres ist Direktor der Klinik für Neurologie der Charité Universitätsmedizin Berlin und Vorstandsmitglied im Centrum für Schlaganfallforschung Berlin.
Die Veröffentlichung des Monats wird jeden Monat von den Direktoren des CSB aus den Veröffentlichungen des CSB und der Klinik für Neurologie der Charité ausgewählt.
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